Das Geheimnis der drei Bilder
"Ab heute werde ich diesen Blog nicht mehr aktualisieren. Denn ich habe das Geheimnis der drei Bilder entschlüsselt. Welches Leid du ertragen musstest, kann ich nicht ermessen. Wie schwer die Schuld wiegt, die du auf dich geladen hast, ist mir nicht klar. Ich kann dir nicht vergeben. Doch ich werde dich immer lieben. Ren"
Dieser Blogeintrag gibt Rätsel auf, begleitet wird er von fünf Bildern. Und mit diesem Rätsel beginnt ein Krimi, der aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt wird. Es ist ein seltsames, verwirrendes und faszinierendes Leseerlebnis. Es fühlt sich an, als ob man Teilchen für Teilchen findet, diese versucht zusammenzusetzen, was nicht immer sofort gelingt, aber am Schluss ergibt sich ein schlüssiges Bild. Und man rätselt unweigerlich mit.
Nach dem ersten Teil ist man etwas verwirrt, da der zweite Teil mit komplett anderen Personen beginnt und nichts zusammenpasst. Gefesselt ist man trotzdem, liest weiter und nach und nach wird das Rätsel um den Blogeintrag und die Bilder gelöst.
Krimis in dieser Art gibt es kaum, einzig Keigo Higashino, ebenfalls ein japanischer Krimiautor, schreibt ähnlich, kommt allerdings ohne Bilder aus, die in "Seltsame Bilder" eine wichtige Rolle spielen. Es ist kein üblicher Pageturner, die Geschichte strahlt Ruhe und Konzentration aus und vielleicht ist es gerade das, was einen so fesselt. Ich konnte das Buch kaum aus den Händen legen und bin total fasziniert. Nicht nur ich, das Buch erscheint weltweit in 30 Ländern - das will was heissen.
Hen Na E: Seltsame Bilder Lübbe Verlag
Warum hast du mich verlassen?
Lange hat Justine auf ihren ersten Mordfall und den grossen Druchbruch als Staatsanwältin gewartet. Jetzt ist es soweit. Angeklagt ist Brad Finchley, dessen Akte sie studiert. Als sie das Foto des Angeklagten sieht, weiss sie, dass sie den Fall eigentlich abgeben müsste. Der Mann auf dem Foto ist nicht Finchley, sondern Jake Reynolds, ihre grosse Jugendliebe, der vor 18 Jahren sang- und klanglos aus ihrem Leben verschwunden ist. Angeklagt wird er wegen zwei Morden. Justine will und kann nicht glauben, dass er dazu fähig ist, andererseits weiss sie, dass Menschen sich verändern. Auch sie ist nicht mehr wie damals, als ihre Beziehung von einem Tag auf den andern auseinandergebrochen ist.
Nun ist es ihr Job, Jake hinter Hitter zu bringen. Doch zuerst will sie herausfinden, was vor 18 Jahren passiert ist. Sie entschliesst sich, nach Maldon zu fahren, wo sie augewachsen ist. Auch dort hat sich vieles verändert. Schnell wird klar, dass es einige dunkle Flecken gibt, nicht nur bei Jake, sondern auch in ihrer Familie. Geheimnisse, die nicht ans Tageslicht kommen sollten...
Die Spannung in diesem gut durchdachten Thriller wird langsam aufgebaut. Immer wieder gibt es Rückblenden, erzählt wird aus unterschiedlichen Perspektiven. Die vielen überraschenden Wendungen fesseln einen an das Buch und der Schluss vermag noch richtig zu überraschen. "Bad Blood" dürfte Lesende von Julie Clark und Freida McFadden ansprechen.
Sarah Hornsley: Bad Blood Penguin Verlag
Ein sensibel erzählter Familienroman, der sich zum Pageturner entwickelt
Fast jeden Morgen wandert Vater Adam mit seinem 14jährigen Sohn Eugene durch den River Fall Park. An einem Dienstagmorgen kehrt Eugene alleine zurück, von seinem Vater fehlt jede Spur. Was passiert ist, bleibt unklar, denn erzählen kann der Junge nichts. Aufgrund einer Autismus-Spektrum-Störung und dem Angelman-Syndrom ist er stumm. Seine älteren Geschwister Mia und John, Zwillinge, und die Mutter machen sich auf die Suche, die erfolglos bleibt. Die Polizei beginnt zu ermitteln und sie finden auch Zeugen, die die Beiden gesehen haben. Vor allem Eugene ist aufgefallen, da er beim quer über die die Strasse rennen einen Autounfall verursacht hat. Auf seinem T-Shirt gibt es Blutflecken und unter den Fingernägeln ebenfalls. Vorsichtshalber wäscht Mia seine Kleidung und stellt den Jungen unter die Dusche. Beweismittel wird zerstört.
Mia beginnt nachzuforschen, weil sie ihren Bruder schützen will. Doch je tiefer sie gräbt, desto mehr gerät ihre Welt ins Wanken...
"Happiness Falls" ist ein unglaublich intensives Buch, das von Anfang an zu fesseln vermag - eben ein richtiger Pageturner. Erzählt wird die Geschichte von Mia, was uns einen tiefen Einblick in ihre Gedankenwelt gewährt. Immer Neues wird entdeckt, Verhalten, das auf den ersten Blick klar erscheint, erweist sich als ganz anders.
Bereits das erste Buch von Angie Kim, "Miracle Creek", hat mir sehr gefallen, mit dem zweiten Werk hat sie noch eine Schippe draufgelegt. Was für ein tolles, umwerfendes Buch! Ich bin hellbegeistert!
Angie Kim: Happiness Falls Verlag Hanserblau
Glamour und Intrigen
Sommer 1969: Theodora, von allen Teddy genannt, entstammt einer texanischen Familie mit grossen politischen Ambitionen. Und diese atmet erleichtert auf, als Teddy mit Mitte 30 endlich heiratet. David ist Diplomat und die beiden ziehen nach Rom, die Stadt, in der die Stars der Cinecittà auf der Via Veneto flanieren. Hier will Teddy den Erwartungen ihrer Familie ebenso gerecht werden, wie den Erwartungen, die die Gesellschaft an eine perfekte Ehefrau stellt: Sie soll elegant und kultiviert sein, den Haushalt tadellos führen und den Gatten bei formellen Anlässen charmant repräsentieren.
Zu Beginn gelingt ihr dies gut. Auf Partys und Empfängen schliesst sie neue Bekanntschaften, ist zufrieden und glücklich mit ihrer kleinen Tätigkeit in der Botschaft.
Doch nach ein paar Wochen kracht das aufgebaute Gebäude zusammen, die Dinge nehmen eine dunkle Wendung. Teddy gerät in ein Chaos, das selbst tadellose Manieren und einflussreiche Kontakte nicht mehr in den Griff bekommen können - manche Geheimnisse lassen sich einfach nicht verbergen...
Teddy ist ein Produkt ihrer Zeit. Ein einziges Foto löst einen politischen Skandal aus, die Frauenbewegung ist in den USA gerade in Gang gekommen, noch bestimmen ältere soziale Zwänge den Alltag der Frauen. Und Teddy kämpft, verliert, bleibt sich auf ihre Art treu und ist auf dem Weg zur Selbstbestimmung.
Ein spannender, vielschichtiger Gesellschaftsroman, der mehr ist, als eine Rückblende in die 60er/ 70er Jahre.
Emily Dunlay: Teddy Rowohlt Verlag
Eine beissende Satire auf die Welt der Superreichen
Die jüdische Familie Fletcher ist reich und sie stechen sogar in der reichen Gegend von Long Island unter den wohlhabenden Familien heraus. Diesen Reichtum verdanken sie Gründervater Zelig Fletcher, der in den 40er Jahren nach Amerika geflüchtet ist, mit nichts im Gepäck ausser einer Formel zur Herstellung von Styropor. Mit seiner Intelligenz, Glück und Taktik macht er ein Vermögen. Sohn Carl tritt in seine Fussstapfen, heiratet Ruth und bekommt mit ihr drei Kinder.
1980, Ruth ist zum dritten Mal schwanger, wird Carl vor seinem Haus gekidnappt. Nach Zahlung eines üppigen Lösegelds wird er kurz darauf wieder freigelassen, ohne einen Schaden erlitten zu haben. Aber stimmt das wirklich? Nicht ganz, seine Psyche ist angeschlagen und auch seine Frau und die drei Kinder werden durch diese Erfahrung ihr Leben lang beeindrächtigt.
40 Jahre später kommt die Familie zu einer Feier zusammen und da wird klar, dass die lang zurückliegende Entführung unerwartete Spuren hinterlassen hat - bei der ganzen Familie. Diese Auswirkungen sind manchmal verstörend und immer wieder auch amüsant.
"Die Fletchers von Long Island" ist eine grosse jüdisch-amerikanische Familiengeschichte, die mehrere Jahrzehnte umspannt und äusserst kurzweilig ist. Sprachlich virtuos, manchmal etwas unverschämt und sehr, sehr witzig - eine Satire auf die Welt der Superreichen.
Taffy Brodesser Akner: Die Fletchers von Long Island Eichborn Verlag